Der Holocaust in Europa
Unmittelbar vor dem Zweiten Weltkrieg lebten in Europa ungefähr 9 Millionen Juden (davon 3 Millionen in der UdSSR, 3,5 Millionen in Polen und 1 Million in Rumänien), deren politische und soziale Stellung von Land zu Land verschieden waren.
Im westlichen Europa waren die jüdischen Bürger rechtlich gleichgestellt und zumeist gut integriert. Napoleon hatte ihnen die Bürgerrechte zugesprochen, und sie waren leidenschaftliche Patrioten und Verfechter demokratischer Ideen, die ihre Religion als Privatangelegenheit ansahen. Frankreich, aber auch Deutschland und Großbritannien waren die Länder, in denen die Juden aus Zentral- und Osteuropa vor Armut und Antisemitismus Zuflucht suchten.
In diesem Teil Europas, besonders in Polen und in Rumänien, wurden die Juden regelmäßig Opfer antisemitisch motivierter Gewalttaten, sei es vonseiten der Bevölkerung oder der politischen Machthaber. Dennoch bewiesen die osteuropäischen Juden eine außergewöhnliche kulturelle und politische Vitalität, wenn auch das Leben in Armut im Shtetl der Alltag der meisten polnischen Juden war.
Nach den Pogromen im zaristischen Russland und während des Bürgerkriegs bekämpfte auch die bolschewistische Revolution das Judentum als Religion sowie alle Anzeichen eines jüdischen Nationalismus.
Ein Teil insbesondere der französischen und deutschen Juden lehnte die alten Traditionen ab und befürwortete eine vollständige Assimilation, während andere versuchten, ein Gleichgewicht zwischen ihrer jüdischen Identität und ihrem Patriotismus herzustellen.
In den dreißiger Jahren verstärkten sich in ganz Europa der Antisemitismus und die Ausländerfeindlichkeit drastisch, unterstützt durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten und anderer diktatorischer Regimes.